Bundesberufsreitertag 2023

Bundesvereinigung der Berufsreiter im

Deutschen Reiter- und Fahrer- Verband e. V. informiert:

Im Kutschenmuseum des brandenburgischen Haupt- und Landgestüts Neustadt/Dosse startete der Bundesberufsreitertag 2023. Das Thema des Wochenendes war „Das Kulturgut ,Die deutsche Reitlehre‘ in der gelebten Praxis – Die Verantwortung des Berufsstandes in der heutigen Zeit“. Es gab eine Mitgliederversammlung, zahlreiche Ehrungen, interessante Vorträge, viele Gespräche und eine Praxisdemonstration mit angeregten Diskussionen.

Markus Scharmann sprach zum Thema „Welche Verantwortung hat der Berufsstand in der heutigen Zeit?“ und machte klar, dass es disziplinübergreifend immer Priorität hat, dass es dem Pferd gut geht und dass es sicher ist. Man müsse der Jugend ein Vorbild sein und Verantwortung übernehmen, betonte er: „Wir müssen junge Menschen zu Pferdemenschen erziehen und die richtige Haltung dem Pferd gegenüber ausbilden. Wir müssen das leben, was wir draufschreiben. Und es geht darum, wie wir das leben. Wenn meine Reitschüler eine Kappe tragen sollen, muss ich selber auch eine Kappe tragen.“

 

Tierarzt Dr. Wolfgang Nahr war aus Bayern angereist, von dem Medizinischen Pferdezentrum Stephansmühle. Sein Thema war die „Funktionale Anatomie und Verhaltensbiologie des Pferdes“. „Pferde können von Natur aus über 1,70 Meter springen, warum dann ausbilden?“ Mit dieser Frage eröffnete er seinen Vortrag und erklärte: „Die Klassische Ausbildung auf Basis der funktionalen Anatomie hilft, Erkrankungen zu vermeiden.“ Bodenarbeit könne allerdings nicht das bewirken, was man aus dem Sattel heraus leisten kann, erklärte er und machte darauf aufmerksam, dass die Verhaltensbiologie nicht fehlen dürfe. „Pferde können sich positiv entwickeln, wenn wir auf sie eingehen und ihnen vor allem mit Respekt und Einfühlungsvermögen begegnen.“

Schwung in die Bude brachte schließlich Sporttherapeut Julian Tatje, der erst einmal mit allen eine Runde turnte. Anschließend ging er bei seinem Vortrag zu „Trainingswissenschaften – Trainingslehre für Reiter und Pferd“ darauf ein, auf welche Art und wie die Reiterin oder Reiter im Sattel gefordert ist und wie hoch die körperliche Belastung in den verschiedenen Disziplinen ist. Schwerpunkt seiner kurzweiligen und locker vorgetragenen Ausführungen war das Thema Kondition, besonders Kraft und Ausdauer der Reiterin oder des Reiters. Sein abschließendes Credo war: Jeder kann sich bewegen, egal in welchem Alter – frei nach dem Motto „Turne in die Urne“.

 

In der Reithalle ging es schließlich bei einer Praxisdemonstration um die „Ridden Horse Body Language – Die Körpersprache des gerittenen Pferdes“ mit Hannes Müller und Ulrike Lautemann sowie Markus Scharmann und Jan Schulze Niehues. Gezeigt wurden zwei Dressurpferde, ein Vielseitigkeits- und ein Springpferd. Es ging darum, die Signale des Pferdes während des Trainings zu deuten und die Ausbildung dementsprechend zu gestalten. Es fand ein reger Austausch statt, es wurde lebhaft und auch kontrovers diskutiert.

 

Den zweiten Tag gestalteten dann die Gestütsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Landstallmeister Dr. Henning Frevert führte durch eine Hengstvorführung in kleinem Rahmen, bei der vor allem die Rassevielfalt beeindruckte und der Kaltbluthengst Hauptmann die Herzen der Zuschauerinnen und Zuschauer gewann. Stutenmeister Ronny Voigt und das Team zeigten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Laufställe der Stuten und erklärten, die Haltungssysteme, den Umgang und die Pflege der Stuten und der Nachzucht. Henning Frevert wiederum erläuterte die Abläufe der EU-Besamungsstation und zeigte den Hengststall, wo DSP Askari – Vater der Weltmeisterin Alice – gerade auf dem Paddock die Sonne genoss. Eine idyllische Kremserfahrt rundete das Programm ab.

 

Ein gelungenes Wochenende mit vielen Denkanstößen und Gedanken.

Emotional wurde es bei einer Laudatio auf Hannes Müller, der nach 26 Jahren die Leitung der Deutschen Reitschule in Warendorf abgegeben hat. Seine langjährigen Weggefährten Ulrike Lautemann, Markus Scharmann, Carolin Lux, Thies Kaspareit und Gisa Lehmann verabschiedeten sich mit persönlichen Worten. „Seit 1997 ist Hannes Müller für die Geschicke der Schule und den Übergang in ein neues Jahrhundert verantwortlich. Das Jahrhundert bleibt uns noch, du aber gehst von Bord in den Unruhestand“, so Ulrike Lautemann. „Wir stehen hier, um dir unseren Dank und unseren größten Respekt für diese Lebensleistung auszusprechen. Die Schule hatte in deiner Person eine Seele.“ Vom Publikum gab es minutenlangen Applaus und Standing Ovations.

Große Ehre wurde auch Altmeister Hans-Georg Gerlach zuteil. Für sein außerordentliches Engagement für den Berufsstand wurde er mit der Felix Bürkner-Medaille ausgezeichnet. Gerlach ist selbst Dressur bis zur schweren Klasse geritten und hat in seiner Laufbahn rund 40 Pferdewirte ausgebildet. „Du warst immer mit dem Partner Pferd auf dem klassischem Weg unterwegs“, so Hannes Müller in seiner Laudatio.

 

 

Text: Laura Becker

Fotos: Angelique Rebentisch

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